Im Hafenbecken 3 und Gateway Basel Nord (GBN) sollen mehr als vier Mal so viele Container verarbeitet werden wie heute.
Die GBN AG spricht von 78'000 zusätzlichen LKW-Fahrten, welche dadurch die A2 belasten, der Umweltverträglichkeitsbericht zum Projekt jedoch von 125'100 zusätzlichen LKW-Fahrten - aber diese Zahl wird öffentlich nicht kommuniziert. Die Umschlagsziele beim Vollausbau können aber nur mit den Zahlen des Umweltverträglichkeitsberichts erreicht werden.
Die Gateway-Promotoren werben generell seit Jahren für ihr Projekt mit unkorrekten und nicht nachvollziehbaren Zahlen.
Container mit gefährlichen und umweltschädlichen Gütern würden neu konzentriert direkt neben Wohngebieten gelagert und verschoben.
Mehrverkehr, Lärm und Gefahrengüter waren die Hauptgründe, wieso das Gateway Limmattal (Link) durch Bevölkerung und Gemeinden abgelehnt wurde. In Basel wäre die Situation noch um einiges gravierender, da das Gateway und die Zufahrtsstrecken im Stadtgebiet liegen würden.
Die Promotoren des Hafenbecken 3 und von Gateway Basel Nord (GBN) suggerieren, es kämen viel mehr Container (sonst wäre das GBN ja gar nicht nötig), aber am Ende würden weniger LKWs auf der Strasse landen. Die konkreten Zahlen sagen etwas anderes: Mit dem Gateway würden lokal in der Stadt neu (inkl. Leerfahrten) 152‘100 zusätzliche LKW-Fahrten die chronisch verstopfte A2 belasten. Regional wären es immer noch 125'100 LKW-Fahrten mehr als im Jahr 2015, das alle GBN-Berechnungen als Referenzjahr nehmen. Und es würden sogar noch mehr, falls weniger als 50% der Container mit der Bahn transportiert würden.
Einführend ein paar Grundlagen, um die nachfolgenden Zahlenangaben verständlicher zu machen: In der Hafenstatistik (Link) werden umgeschlagene Container in TEU angegeben. Die Abkürzung bedeutet „Twenty-foot Equivalent Unit“ und steht für die Ausmasse eines 20 Fuss (= 6.06 m) langen Standard-Containers. Es werden aber auch doppelt so lange Container umgeschlagen. Die Projektverantwortlichen des GBN rechnen im Schnitt mit 1.5 TEU pro LKW bzw. Durchschnitts-Container. Ein 28-Tonnen-LKW kann 1 TEU und ein 40-Tonnen-LKW 2 TEU transportieren. Eine LKW-Fahrt meint eine Fahrt eines LKW zum Terminal hin oder eine Fahrt eines LKW vom Terminal weg, aber nicht Hin- und Rückfahrt gemeinsam. Zusätzlich ist der Leerfahrtenanteil zu berücksichtigen, denn nicht jeder LKW bringt einen Container, entlädt und fährt mit einem neuen Container beladen wieder weg, sondern fährt manchmal leer hin oder leer weg. Im Umweltverträglichkeitsbericht zum Gateway Basel Nord von 2016 wird daher mit einem (sehr niedrigen) Leerfahrtenanteil von einem Drittel gerechnet (S. 68, Verkehrsflüsse Baustufe 2). Da dieser Bericht nicht öffentlich ist, können wir ihn an dieser Stelle nicht verlinken.
Im neuen GBN-Terminal sollen nur noch 50% der Container via LKW an- oder abtransportiert werden (gegenüber 90% heute): „Die Hälfte der Verkehre im Vor- und Nachlauf in der Schweiz sollen auf der Schiene erfolgen“ (Download). Dies wurde vom Bund ursprünglich als Bedingung für die Finanzierungsbeteiligung gestellt (Link). Diese Zusage der Finanzierungsbeteiligung wurde mittlerweile aber durch einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben (Download), die Finanzierung ist also ungewiss. Kann diese Bedingung im realen Betrieb nicht erfüllt werden, müssten die Betreiber die Bundesmittel teilweise oder ganz zurückbezahlen, was angesichts der geringen Marge im Umschlagsgeschäft wohl gar nicht möglich sein wird, weil das Gateway kaum Gewinne erwirtschaften wird und SBB Cargo sowieso chronisch defizitär ist. Letztlich sind die 50% nur ein heeres Ziel, dessen Erreichung – wie das Beispiel der Alpeninitiative leider zeigt (Link) – höchst unwahrscheinlich ist.
Gemäss den Zahlen der Gateway-Promotoren wurden im Referenzjahr 2015 im Hafen Kleinhüningen 78‘000 LKW-Fahrten erzeugt (Link). Im Szenario 2030 mit GBN sollen es im Hafen wegen Wegfall der Flächen auf der Westquai-Insel nur noch 33‘300 LKW-Fahrten sein. Dazu kommen aber noch 150‘000 Fahrten durch das GBN-Terminal. In der Summe führte dies lokal zu 105‘300 Fahrten mehr (33‘300 Westquai + 150‘000 GBN - 78‘000 heute schon). Ein Teil davon kompensiert wegfallende Kapazitäten im Güterbahnhof Wolf, so dass regional gesamthaft gegenüber dem Jahr 2015 zusätzlich 78‘300 Fahrten anfallen würden.
Der Umweltverträglichkeitsbericht zeigt für das GBN Terminal jedoch höhere Zahlen: Bei einem geplanten Jahresumschlag von 390‘000 TEU, einem LKW-Anteil von 50% und einem Leerfahrtenanteil von einem Drittel würden durch den Betrieb des Terminals 196'800 LKW-Fahrten durch die Stadt Basel erzeugt. Das sind 46‘800 Fahrten mehr, als die GBN AG angibt. Der Grund für den Unterschied wird nicht erklärt. Jedoch sind nur mit den Zahlen im Umweltverträglichkeitsbericht das deklarierte Umschlagsziel von 260'000 Containern (=390'000 TEU) im GBN überhaupt zu erreichen.
Das bedeutet in der Summe lokal um den Hafen gegenüber dem Stand von 2015 eine Zunahme um 152‘100 Fahrten (105‘300 + 46‘800), bzw. 507 Fahrten am Tag (bei 300 Arbeitstagen). Gesamtregional unter Einbezug der Abnahme beim Terminal Wolf sind es immer noch 125'100 Fahrten zusätzlich. Die wahren LKW-Zahlen wären aber noch höher, falls die 50% Bahnanteil nicht erreicht werden, was ausgesprochen wahrscheinlich ist. Damit wären auf der A2 weit über 500 zusätzliche LKW-Fahrten pro Tag möglich, dies bei den bereits heute prekären Verhältnissen.
Der Mehrverkehr war ein Hauptgrund, wieso das Gateway Limmattal durch Bevölkerung und Gemeinden abgelehnt wurde (Link). In Basel wäre die Situation noch um einiges gravierender, da das Gateway im Stadtgebiet liegen würde.
Die Gateway-Promotoren werben seit Jahren für ihr Projekt mit unkorrekten, übertriebenen und nicht nachvollziehbaren Zahlen und Prognosen.
Die unkorrekten Zahlen beim zusätzlichen LKW-Verkehr führen auch zu übertriebenen Aussagen bei einem anderen Thema: Laut der Gateway Basel Nord AG soll der Betrieb des GBN gesamtregional 115'000 LKW-Fahrten pro Jahr einsparen (Link). Dies wird auch als Klimaschutzmassnahme angepriesen. Der nicht öffentlich zugängliche Umweltverträglichkeitsbericht rechnet aber gesamtregional mit rund 46'800 LKW-Fahrten mehr als die GBN AG selber. Entsprechend schrumpfen auch die "eingesparten" LKW-Fahrten auf nur noch ca. 68'200 LKW-Fahrten, wenn man alle Berechnungen nach Logik von Gateway Basel Nord durchführt. Da diese Logik aber auch sonst noch viele unwahrscheinliche Annahmen enthält (insbesondere unrealistische Annahmen, wie viele Spediteure ihre Container mehrmals umladen), ist eher damit zu rechnen, dass das GBN unter dem Strich die Umlagerung auf die Schiene gegenüber heute noch verschlechtert. Abgesehen davon kann ein Wachstumsprojekt, das auf massiven Ausbau des Güterverkehrs auf der Strasse setzt, kein Klimaschutzprojekt sein. Nur mit den im Umweltverträglichkeitsbericht genannten Zahlen kann die im Gateway Basel Nord geplante Umschlagsmenge von 260'000 Containern realisiert werden. Die von den Gateway-Verantwortlichen deklarierte Einsparung von 115'000 LKW-Fahrten ist schlicht unmöglich, die Zahlen gehen nicht auf.
Die GBN-Promotoren beklagen im Weiteren seit vielen Jahren öffentlich, dass die Umschlagskapazität im Hafen sehr bald ausgeschöpft sei. Dies ist erwiesenermassen nicht der Fall: Es bestehen mindestens 50% der heutigen Umschlagsmenge an Kapazitätsreserven (ohne bauliche Optimierungen!). Zudem behaupten sie, dass in Zukunft beim Containerumschlag ein grosses Wachstum zu erwarten sei, was den Bau des GBN unbedingt und so rasch wie möglich erfordere. Sie geben an, dass sie sich auf die Wachstumsprognosen des Bundesamtes für Verkehr stützen (Download), das notabene selber eine treibende Kraft hinter dem Projekt ist und Interesse an den "richtigen" Zahlen hätte.
Doch auch hier gehen die Zahlen nicht auf: Laut Bundesamt für Verkehr sei mit einem Güterverkehrswachstum von 2.5-3.5% zu rechnen. Für ihr Szenario 2030 ohne GBN (Link) rechnet die GBN AG in der Region mit einem Anstieg zwischen 2015 und 2030 von 763 auf 1409 LKW-Fahrten am Tag (Zahlen gemäss Tabelle). Eine Zinseszinsrechnung zeigt, dass dafür ein jährliches Wachstum von 4.175 Prozent notwendig wäre. Rechnet man die LKW-Fahrten mit Hilfe von Leerfahrtenanteil und Modal-Split auf den Gesamtverkehr um, zeigt sich immer noch ein Wachstum von 3.75%. Beim Szenario mit GBN beträgt das Gesamtverkehrswachstum sogar fast 4%. Die GBN AG hält sich also nicht an die Wachstumszahlen des BAV. Interessant wird es, wenn man die Wachstumsprognosen dann mit der Realität vergleicht: Das durchschnittliche reale Wachstum des Containerumschlags in den Rheinhäfen betrug basierend auf der offiziellen Hafenstatistik (Link) in den letzten 10 Jahren nur knapp 1.66% pro Jahr, also weniger als die Hälfte dessen, was die Promotoren des Gateway prognostizieren.
Geht es mit diesem Wachstum bis 2030 weiter, so bestehen im heutigen Hafen selbst im Jahr 2030 noch Kapazitätsreserven. Steigt das Wachstum stärker an, was im Containerverkehr eher unwahrscheinlich oder nur verhalten zu erwarten ist, lässt sich der Neubedarf durch Umbauten und Optimierungen auffangen. Damit ist klar: Es braucht kein gigantisches Terminal, nur um mit überhöhten Prognosen und falschen Zahlen "Klimaschutz" auf Kosten von Natur, Arbeitsplätzen und Steuerzahlern zu betreiben.
Die detaillierten Berechnungen zu den obigen Aussagen finden sich hier (Download). Sie sind nicht ganz einfach, da längst nicht alle notwendigen Zahlen von den Gateway-Promotoren transparent kommuniziert werden. Wichtige Berechnungsgrundlagen sind nur grob angegeben oder fehlen und müssen hergeleitet werden. Auch wenn wegen ungenauen oder fehlenden Ausgangszahlen die dargestellten Berechnungen die Realität nur unpräzise widergeben können, so lassen sich über die Zahlen der Gateway-Promotoren trotzdem robuste grundsätzliche Aussagen machen. Und die unterscheiden sich deutlich von den offiziell kommunizierten von Regierung und Gateway Basel Nord.
Sollten die Berechnungen Fehler enthalten, bitten wir um Mitteilung. Wir werden die Fehler schnellstmöglich korrigieren.
Konzentration von Gefahrengut in Wohnquartieren
Geplant ist nicht nur eine massive Steigerung der generellen Containerzahlen in Kleinhüningen, sondern auch die Konzentration von Gefahrengütern in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohnquartieren. Schon beim Gateway Limmattal war dies ein wichtiges Gegenargument (Link). Beim GBN geht es um noch mehr Volumen: Statt 78 Container sollen 113 Container pro Tag umgeschlagen werden (Download; gemäss Umweltverträglichkeitsbericht, S. 212), die zudem auf einer viermal kleineren Fläche konzentriert werden sollen. Hinzu kommt, dass Gefahrengut aus und nach Schweizerhalle neu durch die Stadt transportiert würde.
Die Stadt Basel ist von Gefahrguttransporten schon jetzt stark betroffen (Link; Link); Bund und Kanton streiten über das Risiko (Link). Aber allein durch den Vierspurausbau Karlsruhe-Basel sollen die Gefahrengutmengen bis 2030 um weitere 60 Prozent steigen (Link) und mit dem GBN wird es sogar noch schlimmer: Die Risiken für Bevölkerung und Umwelt steigen nicht nur durch das grössere Volumen, sondern auch durch die Zentralisierung des Gefahrengutumschlags. Der Lagerraum für Container beim GBN ist äusserst knapp bemessen (3‘500 TEU bei einem täglichen Umschlag von gegen 1‘100 TEU). Unabhängige Containerterminal-Experten sagen klar aus, dass der zur Verfügung stehende Raum für die geplanten Umschlagsvolumina bei Weitem nicht reicht. Zudem kommt es zu untragbaren Risiken, weil alle Container beim Umlad über die Gefahrengut-Container hinweg gehievt werden müssten, was bei einem Unfall verheerende Folgen haben kann.
Neben Lagerung und Transport an Land birgt auch der Gefahrenguttransport auf dem Rhein Risiken. Der „Kontrollbericht Risikoermittlung Rhein 2016“ der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft kommt beim GBN zur folgenden Risikobeurteilung (Download): „Die Risiken für die Umwelt, welche durch den Transport von gefährlichen Gütern auf dem Rhein entstehen, werden gemäss den Beurteilungskriterien als untragbar beurteilt." (Seite 12/13). „ Diese Risiken (…) sind aber weiterhin im nicht akzeptablen Bereich." Bei der „Interessenabwägung“ wurden aber „die nationalen und internationalen Interessen an der Nutzung des Rheins als Transportweg höher gewichtet als die daraus entstehenden Personenrisiken“ (Seite 2/13).