Das Wichtigste

  • Die involvierten Behörden sind auf Kantons- und Bundesebene gleichzeitig sowohl diejenigen Instanzen, die das Projekt initiieren und durchführen als auch diejenigen, die es bewilligen.
  • Die Vertreter des Kantons verfolgen Interessen, die ihnen einen kritischen Blick auf das Projekt verunmöglichen.
  • Die wirtschaftlichen und politischen Verstrickungen von involvierten Firmen und Behörden sind eklatant und die profitierenden Firmen innigst miteinander verfilzt.
  • Kein Teil des Projektes wurde ausgeschrieben, wie es das Gesetz verlangt.
  • Praktisch alle Schlüsselstellen in Direktion und Verwaltungsrat der Basler Rheinhäfen und der Gateway Basel Nord AG sind durch SBB-Personal besetzt, so dass das Projekt praktisch ausschliesslich zu Gunsten der SBB Cargo und mit ihr verbundener Firmen geplant wurde - und nicht im Interesse des Landes.
  • Innerhalb von vier Monate fällten die höchsten nationalen Gerichte zwei unabhängige Urteile gegen das Projekt wegen rechtlich unzulässigen Verfahren, in denen Drittparteien gesetzeswidrig ihr Recht verweigert wurde.

 


 

Die Details

Interessenskonflikte soweit das Auge reicht

Die Interessenskonflikte im Projekt sind stossend. Auf Bundes- als auch Kantonsseite sind die Hauptinteressenten am Projekt zugleich diejenigen, die das Projekt beurteilen und am Ende bewilligen. Hafendirektion, die beteiligten Firmen, Kanton und Bund sind aufs innigste verfilzt. So wird das Projekt nicht kritisch hinterfragt. Die legitimen Ziele könnten ganz anders, billiger und effizienter erreicht werden.

Das gigantische GBN-Projekt (Link) nützt v.a.dem staatlich kontrollierten Unternehmen SBB Cargo. Dies hat die BaZ unter dem Titel „Maroder Staatsbetrieb als Profiteur des Hafenprojekts – Warum der Grossterminal Basel Nord vor allem SBB Cargo nützt“ bereits 2016 sehr treffend analysiert (Download). Die BaZ schreibt: „Gegen aussen wird es als die grosse Entwicklungschance für den Nordwestschweizer Wirtschaftsraum verkauft. (…) Der genauere Blick auf das Interessengemenge im Basler Hafen legt derweil offen, dass der Hauptprofiteur – unabhängig vom umstrittenen Nutzen der baulichen Expansion – im staatlichen Güterverkehrsunternehmen SBB Cargo zu finden ist. In den vierzig Jahren seines Bestehens ist es dem Bundesbetrieb erst zweimal gelungen, die Rechnung nicht mit Verlusten abzuschliessen. Um die Margen zu steigern, wollen die SBB Cargo Manager auf Kosten privater Unternehmen ins Umschlagsgeschäft einsteigen. Dafür haben sie die Planungsgesellschaft Gateway Basel Nord AG gegründet und als Partner die einflussreichen Logistiker Contargo/Rhenus und Hupac eingespannt.“

Die BaZ titelte explizit „Die SBB-Connection im Basler Hafen – Über Verbandelungen, Abhängigkeiten und die wahren Motive in einem 170-Millionen-Projekt“ (Download). Die folgenden Abschnitte sind Zitate aus diesem Zeitungsbericht:

„ (...) Wenn bisher in der Öffentlichkeit über das Hafenprojekt diskutiert wurde, dann ohne auf das enge Beziehungsgeflecht von SBB-Interessensvertretern einzugehen, die in verschiedensten Positionen und Gremien für den Bundesbetrieb lobbyieren."

"Dabei beginnt der problematische Beziehungsfilz an oberster Stelle: beim Präsidenten des Verwaltungsrats der Schweizerischen Rheinhäfen, die sich im Besitz der Kantone Basel-Stadt und Baselland befinden. Kann Benedikt Weibel, von 1993 bis 2007 CEO der SBB, der Mann mit dem grossen Bähnler-Herz und dem roten Parteibüchlein, dieses Mandat ohne Schlagseite überhaupt ausüben?"

"Ein Blick ins Zeitungsarchiv überführt Weibel der Widersprüchlichkeit. In einem Interview mit der BaZ vom 2. Oktober 2010 gab der Hafenchef zur Frage, wer dereinst die neue Terminalanlage betreiben solle, folgende Antwort: «Unser ausdrücklicher Wunsch und auch jener der Hafenwirtschaft ist es, dass die Anlage von jemandem betrieben würde, der unabhängig ist. Unternehmen wie die Hupac kämen dafür also beispielsweise nicht infrage.» "

"Ausgerechnet Hupac ist nun aber Teil des Dreiergespanns, das in Gateway Basel Nord die Terminalplanung forciert und darauf hinarbeitet, von der Staatskasse eine nigelnagelneue Anlage finanziert zu erhalten. (...)"

"Wie lässt sich Weibels überraschende Kehrtwende erklären? Wahrscheinlich so: 2011 gründeten die SBB die Tochtergesellschaft SBB Cargo International, um im internationalen Güterverkehr Fuss zu fassen."

"Hupac als marktführender Containertransporteur auf der Schiene wurde mit 25 Prozent am Unternehmen beteiligt. Im Gegenzug kaufte sich SBB Cargo mit 24 Prozent bei Hupac ein. Seit diesem Deal begegnen sich SBB-Cargo-Direktor Nicolas Perrin und Hupac-Chef Hans-Jörg Bertschi öfters an gemeinsamen Verwaltungsratssitzungen. In den Führungsgremien von SBB Cargo International und Hupac sind sie persönlich vertreten. Dass vor dem geschäftlichen Kooperationshintergrund einst formulierte Bedingungen in Vergessenheit geraten und Hupac nun beim neuen Super-Terminal doch mitverdienen darf: Wen überrascht es?"

"Auch Hafendirektor Hanspeter Hadorn stand jahrelang im Dienst der Bundesbahnen. Als Leiter Strategische Planung bei SBB Cargo engagierte er sich für den Grossterminal «Gateway Limmattal». Nach Protesten von Anwohnern und der Logistikbranche, welche die 161 Millionen Franken teure Verkehrsdrehscheibe als überrissen und unnötig zurückwies, gaben die SBB die Idee auf. Seither steht der Umschlagsplatz Basel hoch im Kurs. Hadorns Neutralität, die er als Hafendirektor wahren müsste, ist seit seinem Auftritt an einer Versammlung des Gewerbeverbands infrage gestellt. Als wäre er mitbeteiligter Investor, präsentierte Hadorn den Gästen die Planungsgesellschaft Gateway Basel Nord."

"Seltsam ist ferner, weshalb Betrieb und Unterhalt der Hafenbahn AG, welche den Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) gehört, nie öffentlich ausgeschrieben wurden. Bisher waren es immer die SBB, die vom Auftrag profitierten. Hadorn begründet diesen Umstand mit laufenden Verträgen und alten Stellwerken, die nur noch von SBB-Personal bedient und unterhalten werden könnten. Nach der technischen Modernisierung in einigen Jahren solle aber eine Betreiberfrage «geprüft» werden. Treue SBB-Lobbyisten finden sich in der Politik. In Bundesbern war der Baselbieter Ständerat Claude Janiak (SP) die treibende Kraft, die Basel Nord den Zugang zum Subventionstopf erkämpfte. Die beiden Wirtschaftsdirektoren Christoph Brutschin (SP) und Thomas Weber (SVP) tragen als SRH-Verwaltungsratsmitglieder die SBB- lastige Strategie widerstandslos mit."

"Und auch Rheinhäfen-Verwaltungsratsmitglied Martin Dätwyler hat längst seine liberale Haltung aufgegeben, die man vom stellvertretenden Direktor der Handelskammer beider Basel erwarten würde. In allen möglichen Organisationen tritt er als Hafenpromotor in Erscheinung."

 

Die Hintergründe der involvierten Personen

Zwischen den Verantwortlichen für das Hafenbecken 3 und Gateway Basel Nord auf Seiten der SBB Cargo, der Hafendirektion, Gateway Basel Nord und der Basler Regierung bestehen innigste Verflechtungen. Ihre Hintergründe, die ebenfalls im Artikel der BaZ von 2016 (Download) dargestellt sind, sind sehr aufschlussreich. Eine kurze Übersicht:

 

Hanspeter Hadorn, Hafendirektor, ex-SBB Cargo

Hafendirektor Hanspeter Hadorn trat seine Stelle 2005 an. Zuvor war er als Leiter Strategische Planung bei SBB Cargo verantwortlich für das 2014 gescheiterte «Gateway Limmattal» (gemeinsam mit Martin Haller, dem heutigen Verwaltungsratspräsidenten des Gateway Basel Nord). 

 

Benedikt Weibel, bis 2019 Verwaltungsratspräsident Rheinhäfen, ex-SBB Direktor

Direktor der SBB von 1993 bis 2007. Von 2008 und bis Ende 2019 Verwaltungsrats-Präsident der Schweizerischen Rheinhäfen. Trifft gemäss Interviewaussagen «wöchentlich» seinen Freund Ulrich Gygi, den Vorsitzenden des SBB-Verwaltungsrats. War ursprünglich für einen neutralen Terminalbetreiber und kritisch gegenüber Hafenbecken 3. 

 

Hans-Jörg Bertschi, Hupac AG

Der Verwaltungsrats-Präsident der Hupac AG pflegt enge Geschäftsbeziehungen zu den Gateway Basel Nord Partnern. An SBB Cargo International ist der Marktführer von alpenquerenden Containerzügen mit 25 Prozent beteiligt. An der privaten Güterverkehrsbahn Crossrail, zu 51 Prozent im Besitz von Rhenus, hält die Hupac 25 Prozent.

 

Martina Gmür, neue Verwaltungsratspräsidentin Rheinhäfen, ex-SBB

Ab 1.1.2020 ist sie neue Verwaltungsrats-Präsidentin der Schweizerischen Rheinhäfen und war früher bei der SBB Infrastruktur als Leiterin Bereich Unternehmensentwicklung beschäftigt.

 

Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel und bis Mitte 2019 Verwaltungsrat Rheinhäfen

Verwaltungsrats-Mitglied der Schweizerischen Rheinhäfen und Direktor der Handelskammer beider Basel. Sitzt in allen strategisch wichtigen Gremien zur Förderung von Gateway Basel Nord. Die einseitige Interessenpolitik für die SBB überrascht, denn benachteiligte Firmen wie Swissterminal sind Mitglied bei der Handelskammer. 

 

Christoph Brutschin, Regierungsrat BS und Verwaltungsrat Rheinhäfen

Als Volkswirtschaftsdirektor sitzt Christoph Brutschin (SP) von Amtes wegen im Verwaltungsrat der Schweizerischen Rheinhäfen. Für ihn ist das Projekt primär eine grosse Chance, mit massiver Unterstützung von Bund und SBB die Hafenareale am Rhein endlich verschieben zu können, damit dort Wohnungen gebaut werden können. Das Wohl des Hafens und die wirkliche Sinnhaftigkeit des Projektes sind dabei offensichtlich Bauernopfer. Brutschin forciert das Projekt mit einer Vehemenz, die einer objektiven, kritischen Auseinandersetzung mit dem Projekt im Interesse der Bevölkerung, des Kantons und des Landes wohl wenig förderlich ist.

 

Claude Janiak, ex-Ständerat BL

Der Baselbieter Ständerat (SP) hat sich als Präsident der parlamentarischen Gruppe Schifffahrt jahrelang für Basel Nord eingesetzt. Dass die SBB für ihren Terminal und Basel-Stadt für das Hafenbecken 3 auf Bundessubventionen hoffen können, ist auch Janiak's Verdienst.

 

Andreas Stöckli, Rhenus

Seit 2014 CEO der Rhenus Alpina AG, die zur deutschen Rhenus mit 25'000 Angestellten gehört. Möchte zusammen mit Hupac und SBB Cargo das neue Gateway Basel Nord betreiben - auf Kosten des bisher ebenfalls am Hafen ansässigen Konkurrent Swissterminal, der aussen vor bliebe. Einer der wichtigsten Partner von SBB Cargo. 

 

Nicolas Perrin, SBB Cargo und Hupac

Perrin ist Chef (CEO) von SBB Cargo. Gleichzeitig sitzt er im Verwaltungsrat von Gateway Basel Nord Partner Hupac. Er habe mit keiner anderen Regierung stärker Kontakt als mit der basel-städtischen, sagte er in einem Pressegespräch 2014. Verheimlicht nicht, dass er auf das Hafenbecken 3 verzichten könnte: «Allein vom Bedarf her wäre ein reiner Bahnterminal möglich.»

 

Thomas Weber, Regierungsrat BS und Verwaltungsrat Rheinhäfen

Der ehemalige Bundesbeamte und jetzige Baselbieter Regierungsrat (SVP) hält sich als Verwaltungsrat der Schweizerischen Rheinhäfen im Hintergrund. Es sind von ihm keine Interventionen gegen das harte SBB-Vorgehen bekannt, obwohl hier ein Staatsbetrieb die Existenz von Baselbieter Firmen bedroht. 

 

Ein Megaprojekt ohne Ausschreibung und Ideenwettbewerb

Das Gateway Basel Nord kostet Hunderte Millionen Franken Steuergelder, belastet Stadt und Region Basel massiv und würde die Schweizer Containertransport-Landschaft komplett verändern. Trotzdem wurde kein Teil des Projektes öffentlich ausgeschrieben und es fand kein Wettbewerb von Ideen statt.

Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft haben 2008 mit dem Rheinhafen-Vertrag dem Unternehmen «Schweizerische Rheinhäfen» (SRH) das Monopol zur Verwaltung der Schweizerischen Rheinhäfen in Basel Kleinhüningen übertragen. Gemäss dem Binnenmarktgesetz haben solche öffentlich-rechtliche Gesellschaften klare Regeln zu beachten und dürfen den freien Marktzugang nicht beschränken. 

Zu diesen Regeln gehört im Fall des Gateway Basel Nord auch eine Ausschreibepflicht für die Terminalnutzung. Doch haben sich die SRH bis heute geweigert, eine entsprechende Ausschreibung durchzuführen. Stattdessen will sie die ausschliessliche Terminalnutzung ohne Ausschreibung zuteilen. Gegen dieses Vorgehen haben sich betroffenen privaten Firmen bis vor Bundesgericht gewehrt. Zwei unabhängige Klagen wurden in Urteilen im Oktober 2019 (Link) und Ende Januar 2020 (Link) von den höchsten nationalen Gerichten gut geheissen, die Gateway-Verantwortlichen müssen die Verfahren neu aufrollen. Die zweimalige höchstrichterliche Rüge stellt den Verantwortlichen ein sehr bedenkliches Zeugnis aus, das auch bei Befürwortern des Projektes ein paar Fragen aufkommen lassen sollte.

Ebenso fand kein der Grösse des Projektes angemessener Ideenwettbewerb statt. Es gäbe durchaus Alternativen zur überrissenen Planung, die nun auf dem Tisch liegt, - auch solche, die geltendes Recht respektieren und nicht von allem Anfang an die Zerstörung eines wertvollen Naturschutzgebietes benötigen. Die SBB Cargo, das Bundesamt für Verkehr und der Kanton Basel-Stadt haben sich ganz offensichtlich nach dem Scheitern von Gateway Limmattal rasch auf dieses Projekt festgelegt und verfolgen es nun mit aller Konsequenz, ohne es noch laufend zu hinterfragen, wie die Grösse des Projektes dies verlangen würde.